Nachruf für Pfarrer Carsten Häublein (1957-2013)

mit Auszügen aus der Ansprache anlässlich der Trauerfeier

Pfarrer Carsten Häublein hat im Februar 2013 sein Leben selbst beendet, weil er seit der Inbetriebnahme von LTE-Sendern im Juli 2012 unter unerträglichen Symptomen litt und sein Lebenswille hierdurch gebrochen wurde.

Carsten Häublein war Pfarrer und Seelsorger geworden, um seinen Mitmenschen zu dienen. Er hat sich in seiner Amtszeit in den Kirchengemeinden Schrobenhausen, Ampfing und 14 Jahre lang in Ammergau verdient gemacht. Das Wort Gottes hat er in mannigfacher Form den Menschen nahe gebracht. Die Bibel war ihm dabei die Kraftquelle. Mit Leidenschaft war er bei den Passionsspielen dabei und war Gastgeber mit der Gemeinde für Scharen von amerikanischen Pilgern. Auch Israel hat er mit der Gemeinde besucht, um den Spuren Jesu nachzugehen. Die Ökumene lag ihm am Herzen. Sein Verdienst war es auch, dass nun die Eröffnungsgottesdienste der Passionsspiele in ökumenischer Eintracht gefeiert werden. Auch der Gospelchor und vieles andere gehen auf seine Initiative zurück.

Seine Leidenszeit begann 2006. Bei Pfarrer Häublein und vielen weiteren Anwohnern waren im Herbst 2006, nachdem die Sendeanlagen in Oberammergau umgerüstet worden waren, verschiedenste unerklärliche und teilweise unerträgliche Symptome aufgetreten: extreme Schlafstörungen, Herzrasen, Blutdruckanstieg, Kopfschmerzen, Vibrieren, Zittern, Schwitzen, Brennen, Orientierungslosigkeit, Denkunfähigkeit, Erschöpfung, Hörverlust, Ohrendruck, Augenentzündungen, Nervenschmerzen.

Es war ein großer Segen, dass Pfarrer Häublein den Mut hatte mit seinen Beschwerden an die Öffentlichkeit zu gehen: „Herzrasen, Schlaflosigkeit und Nachtschweiß: Pfarrer am Ende“ lautete die Überschrift im Münchner Merkur am 10.11.06.

Dies ermutigte andere Betroffene und auch die behandelnden Ärzte, seinem Beispiel zu folgen. Durch die gute Zusammenarbeit von Pfarrer Häublein mit Dipl. Ing. Funk, ortsansässigen Ärzten und der Gemeinde Oberammergau wurden die erheblichen Auswirkungen dieser niederrequent modulierten Signale auf die menschliche Gesundheit weit über Oberammergau hinaus bekannt.

Trotz Unverständnis und Spott von verschiedenen Seiten berichtete er am 30.01.07 im Münchner Merkur, dass er Oberammergau hat verlassen müssen. Mit dem Satz „Der Mobilfunk hat mir meine Gesundheit geraubt“ stellte er den Mythos Mobilfunk in Frage.

In der Sendung Bürgerforum live des Bayerischen Fernsehen im Februar 2007 wurde deutlich, dass viele Menschen unter dieser Technik leiden.

Und dennoch wurden die gehäuft aufgetretenen Krankheitsfälle weder von amtlicher noch von wissenschaftlicher Seite untersucht. Und die Kirchen schwiegen angesichts der menschlichen Not. Pfarrer Häublein, viele weitere Betroffene und die betreuenden Ärzte waren verzweifelt.

Im April 2009 war es ihm nach langer Suche vergönnt, in Schleswig-Holstein einen gesundheitsverträglichen Flecken zum Leben gefunden zu haben. Innerhalb weniger Wochen erholte er sich und war wieder voller Energie. Er half, wo und wie er konnte, telefonisch und praktisch anderen Betroffenen, knüpfte Kontakte in andere Ländern und brachte sich wieder seelsorgerlich ein. Leider währte das nur drei Jahre ehe auch dort die moderne Technik Einzug hielt.

Im Juli 2012 hatte sich schlagartig sein Gesundheitszustand extrem verschlechtert. LTE (die vierte Mobilfunkgeneration für schnellen drahtlosen Internetzugang) war in Betrieb gegangen.

In allergrößter Verzweiflung schilderte er die qualvollen Symptome: „Ich gehe zugrunde. Zischen und Hämmern im Kopf, Denkunfähigkeit, Vibrieren, Herzrasen, Luftnot, Hitze und Brennen am ganzen Körper, Druck auf den Ohren, völlige Antriebslosigkeit, ich kann nicht mehr!“ Nur unter acht Rettungsdecken und im Wasser fand er Linderung.

Er hoffte, die weitere Verbreitung dieser Technik möge angehalten werden und wenigstens für die stark Betroffenen würden funkfreie Gebiete zur Verfügung gestellt werden.

Doch es war wie damals in Oberammergau: Behörden, Politiker, Netzbetreiber und Wissenschaftler interessierten sich nicht für die verzweifelten, unter LTE leidenden Menschen.. Jetzt schwiegen sogar die Medien. Und Tag für Tag wurden weitere LTE-Sender aufgebaut.

Pfarrer Häublein sah keine Möglichkeit mehr, wo er sich vor dieser Technik in Sicherheit bringen könnte. Er wollte nur noch der unerträglich gewordenen Folter entkommen.

Die Ansprache des Pfarrers bei der Trauerfeier enthält sein Vermächtnis:

„Nun müssen wir Abschied nehmen und fragen uns, ob wir alles getan haben, um unserem leidenden Mitmenschen zu helfen. Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass er in seinem Leiden nicht überall offene Ohren und helfende Hände gefunden hat und da nehme ich unsere Amtskirche und ihre Vertreter nicht aus. Ausklammern möchte ich bewusst die Menschen, die ihm in seiner schwierigen letzten Dienstzeit in Oberammergau beiseite gestanden haben.

Wir müssen uns fragen lassen, ob wir nicht versagt haben und uns an Gott und an unserem ver-storbenen Mitbruder schuldig gemacht haben und um Verzeihung bitten müssen. Auch an die Technologie unserer modernen Zeit geht die Frage, ob man wirklich alles machen darf, was man machen kann, wenn darunter Menschen leiden oder gar zugrunde gehen. Es sind ja nicht nur Einzelne, für manche absonderliche Gestalten, sondern, wie eine Statistik sagt, bereits 10% unserer Mitmenschen, die unter einer zumindest nicht ungefährlichen Technologie leiden.

…Carsten Häublein hat am Ende seiner Leidenszeit nicht mehr nur das strahlende Gipfelkreuz gesehen, sondern nur noch die Strahlen einer schmerzlichen Technologie gespürt.

…Es bleibt immer wieder die Frage, wie wir mit dieser von Gott geschaffenen Erde umgehen, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen, wie wir mit Leidenden und Schwachen, Alten und Kindern, anders Gläubigen und anders Aussehenden umgehen. Meist liegt es an uns, nicht an Gott, wenn Unrecht und Leid geschieht.“

Sein Wunsch war, dass sein Grabstein Zeugnis ablegen möge über das Schicksal, das ihm widerfahren ist.

Cornelia Waldmann-Selsam und Suzanne Sohmer